Slow Food an die G7-Landwirtschaftsminister*innen: Der Übergang zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen ist möglich — mit Agrarökologie

12 Set 2024 | German

Von 26. bis 28. September werden die G7-Landwirtschaftsminister*innen im sizilianischen Syrakus unter italienischer Ratsherrschaft tagen, während in Turin die 15. Ausgabe von Terra Madre Salone del Gusto stattfindet, dem wichtigsten Event des SlowFood-Netzwerks

„Anlässlich des Treffens der Agrarminister*innen der G7-Länder fordert Slow Food die Regierungen auf, Ernährung in den Mittelpunkt der politischen Agenda zu stellen, denn sie ist ein Eckpfeiler der Grundrechte und ein Schlüsselelement, um Nachhaltigkeit zu schaffen und die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu erreichen“, erklären Edward Mukiibi, Präsident von Slow Food, und Barbara Nappini, Präsidentin von Slow Food Italien. Zur gleichen Zeit (vom 26. bis 30. September) bringt die internationale Slow-Food-Bewegung bei Terra Madre Salone del Gusto über 3.000 Vertreter*innen aus 120 Ländern zusammen, die sich für eine gute, saubere und faire Lebensmittelproduktion und eine Wirtschaft einsetzen, die Rücksicht auf die Gesundheit der Natur und die der Menschen nimmt.

„Die Welt ist aktuell mit einer noch nie dagewesenen Anzahl von Krisen konfrontiert. Das derzeitige Entwicklungsmodell, das an den globalen Märkten ausgerichtet ist und einem Wirtschaftsmodell nacheifert, das auf unendlichem Wachstum, Hyperproduktivität, Konsum und Verschwendung basiert, höhlt erwiesenermaßen die natürlichen Ressourcen und die biologische Vielfalt aus, ohne Wohlstand für die Bürger zu schaffen. Slow Food hat einige Schlüsselbereiche identifiziert, in denen sofortiges Handeln erforderlich ist. Ihnen allen ist das Element gemein, das wir für die tragende Idee der Zukunft halten: die Neugestaltung unserer Beziehung zur Natur und die Einführung agrarökologischer Praktiken“, fügen Mukiibi und Nappini hinzu.

Das Dokument 10 Punkte für gute, saubere und faire Lebensmittel für Alle  wird auch den Landwirtschaftsminister*innen und ihren Sekretariaten übermittelt.  

Konkret fordert Slow Food die Regierungen zu folgenden Maßnahmen auf:

 

  1. Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe, die agrarökologische Praktiken anwenden, um den Boden und die biologische Vielfalt zu erhalten und den Generationenwechsel zu fördern.
  2. Unterstützung von Landwirt*innen, die ihre Tiere respektieren und die Randgebiete schützen.
  3. Ernährungsbildung als Pflichtfach in allen Schulen und Förderung von Gemeinschaftsverpflegung auf Basis frischer, lokaler und qualitativ hochwertiger Produkte sowie Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung.
  4. Umsetzung verbindlicher politischer Maßnahmen, die die Dynamik der Lebensmittelkette verändern, indem sie den Verbraucher*innen transparente und umfassende Informationen garantieren, Mindestkriterien für Nachhaltigkeit bei der öffentlichen Beschaffung von Lebensmitteln festlegen und Direktvermarktung und Bauernmärkte unterstützen.
  5. Umsetzung aller notwendigen Maßnahmen, um Landwirt*innen einen fairen Preis für Lebensmittel zu zahlen, die mit Rücksicht auf den Boden und die Gesundheit der Verbraucher*innen produziert werden.
  6. Regulierung aller GVO, Durchführung angemessener Risikobewertungen und Gewährleistung von Transparenz und Rückverfolgbarkeit für die Verbraucher*innen entlang der gesamten Lieferkette.
  7. Einführung einer Politik, die Migrant*innen wirklich integriert.
  8. Unterstützung einer Wirtschafts- und Handelspolitik, die die Ernährungssouveränität aller Völker gewährleistet und den Export der negativen externen Effekte des westlichen Ernährungssystems verhindert.
  9. Unterstützung der handwerklichen Küstenfischerei, insbesondere durch Förderung des Generationenwechsels.
  10. Entwicklung verbindlicher Maßnahmen zur Minimierung von Kunststoffverpackungen im gesamten Lebensmittelsystem

Agrarökologie und die Reaktion von Slow Food

Agrarökologie ist ein transdisziplinäres Gebiet, das die ökologischen, soziokulturellen, technologischen, ökonomischen und politischen Dimensionen von Lebensmittelsystemen von der Produktion bis zum Konsum umfasst und eine praktikable Alternative zu industriellen Verfahren darstellt. Sie wurde in einer Reihe wegweisender internationaler Berichte als Schlüssel für die Transformation von Ernährungssystemen identifiziert. Ziel der agrarökologischen Wende ist es, stärkere Lebensmittelsysteme zu schaffen, die die Landwirt*innen unterstützen, Ernährungssouveränität und Ernährungssicherheit gewährleisten und auf nachhaltige Weise für alle Menschen eine gesunde Ernährung sicherstellen — jetzt und in Zukunft.

„Wir verpflichten uns, agrarökologische Lösungen umzusetzen und zu beweisen, dass ein alternativer Ansatz in der Landwirtschaft möglich ist“, so Mukiibi und Nappini weiter.

„Heute eröffnen wir die SlowFood Farms, das weltweit größte Netzwerk von Bauernhöfen, die sich der Produktion von guten, sauberen und fairen Lebensmitteln nach agrarökologischen Prinzipien verschrieben haben. Im Einklang mit der Philosophie von Slow Food, dass jeder Mensch Zugang zu nahrhaften Lebensmitteln verdient, die gleichzeitig die Gemeinschaften unterstützen, die Erde respektieren und die lokale Wirtschaft stärken, verkörpern diese Höfe die Zukunft der nachhaltigen Landwirtschaft. Durch die Einbindung der Höfe in starke lokale Lebensmittelsysteme verbessern die Slow-Food-Höfe nicht nur die Lebensgrundlage der Bäuerinnen und Bauern, sondern sorgen auch für faire Bezahlung und langfristige wirtschaftliche Stabilität“, erklärt Edward Mukiibi. „Slow Food stärkt die Stimmen dieser Landwirt*innen und verbindet sie mit einer weltweiten Gemeinschaft von Aktivist*innen, Köch*innen, Verbraucher*innen, Lebensmittelhandwerker*innen, Fischer*innen und anderen Bäuerinnen und Bauern, die die Bewegung seit langem unterstützen“, schließt er.

„Wir glauben an das Recht jedes Menschen auf ein Leben in Frieden und Wohlstand. Deshalb setzen wir uns mit unseren Projekten seit fast 40 Jahren für den Zugang zu guter, sauberer und fairer Nahrung für alle ein. Wir müssen weg von der Logik des Profits und hin zu einer Logik, die Biodiversität, Bodenfruchtbarkeit und natürliche Ressourcen schützt. Ernährungsbildung, die in allen Schulen Pflichtfach sein sollte, ist für diesen Wandel von zentraler Bedeutung. Außerdem fordern wir die Regierungen auf, die Ernährungssouveränität aller Völker zu respektieren“, fährt Barbara Nappini fort.

Die Slow-Food-Höfe erhalten einen Ehrenplatz bei Terra Madre Salone del Gusto, dem größten internationalen Treffen der Bewegung, das vom 26. bis 30. September im norditalienischen Turin stattfindet. Dem Projekt und seinen fünf Hauptbereichen ist dort ein eigener Bereich gewidmet. „Terra Madre wird die einflussreichsten und wichtigsten Slow-Food-Projekte vorstellen, die die Prinzipien der Agrarökologie in die Praxis umsetzen“, schließt Mukiibi.

Mehr zum Programm der Slow-Food-Farms beiTerra Madre

Mehr zur Slow Food Farms

Die Veranstaltung Terra Madre, die von Slow Food, der Stadt Turin und der Region Piemont organisiert wird und unter Schirmherrschaft des Ministeriums für Landwirtschaft, Ernährungssouveränität und Forstwirtschaft, des Ministeriums für Tourismus, des Ministeriums für Umwelt und Energiesicherheit und des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit steht, wird  in über 600 Konferenzen, Begegnungen, Geschmackserlebnissen und pädagogischen Aktivitäten für Schulen und Familien mit Beiträgen von international bekannten Persönlichkeiten und Erfahrungsberichten von Aktivist*innen und Erzeuger*innen die zentralen Themen des Dokuments beleuchten, das den G7-Minister*innen vorgelegt wurde. Weitere Informationen finden Sie hier.

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