Klimagipfel in Paris: Das Wort „Landwirtschaft“ kommt nicht vor. Slow Food: «Es ist ein schwerer Fehler nicht anzuerkennen, wie wichtig die Beziehung zwischen Lebensmitteln und Klima ist.»
20 Nov 2015 | German
In wenigen Tagen werden die Regierungen aus aller Welt sich in Paris versammeln, um über den Klimawandel zu sprechen. Nach über 20 Jahren erfolgloser Diskussionen, Vermittlungen und Foren versucht die Konferenz in Paris (COP 21), erstmals eine überzeugende, universelle Vereinbarung abzuschließen.
Auf den 54 Seiten des Verhandlungstextes (http://unfccc.int/resource/docs/2015/adp2/eng/11infnot.pdf) fehlt allerdings völlig der Begriff „Landwirtschaft“, obwohl es vielfältige Hinweise auf das Thema Lebensmittelsicherheit gibt. Dies ist – laut Slow Food – eine gravierende Lücke.
Die Nichterwähnung dieses Begriffs bedeutet, einen zentralen, entscheidenden Aspekt an den Rand der Diskussion zu verbannen: die Beziehung zwischen Lebensmitteln und Klima. Je nachdem, welches System man als Bezugsrahmen nimmt, stellen Landwirtschaft, Viehzucht und Lebensmittelproduktion vieles dar: auf der einen Seite eine der wichtigsten Ursachen für den Klimawandel, auf der anderen Seite eins der Opfer, aber auch eine der möglichen Lösungen. Die Tatsache, dass die Aufmerksamkeit sich auf die Branchen Energie, Schwerindustrie und Verkehr konzentriert, zeigt, dass die Schlüsselrolle der Landwirtschaft nicht erkannt wird.
Deshalb wendet sich Slow Food an die Vertreter der Länder und internationalen Institutionen, die in Paris tagen, mit dem Appell „Wir dürfen das Klima nicht aufessen“, damit die Landwirtschaft in den Mittelpunkt der Debatte gestellt wird.
Dieser Appell ist notwendig, denn nur über einen radikalen Paradigmenwechsel im derzeitigen System von Produktion, Verarbeitung, Vertrieb, Konsum und Entsorgung von Nahrungsmitteln kann es gelingen, den Klimawandel abzuschwächen.
Angesichts der Entscheidung der Sicherheitsbehörden den Klimamarsch in Paris abzusagen, unterstützt Slow Food aber auch durch die Unterschrift von Slow Food Präsident Carlo Petrini die Forderung der Zivilgesellschaft nicht der Angst nachzugeben: Denn durch die Mobilisierung vieler Menschen auf den öffentlichen Plätzen der Stadt soll die Notwendigkeit ausgedrückt werden gegen die Ungerechtigkeit, die Armut, die Ungleichheiten und das ökologische Desaster zu kämpfen, die alle Folgen des Klimawandels sind, der im Zentrum der COP 21 Debatte steht.
Es ist immer dringender, den Lebensmitteln wieder Wert zu verleihen: Dazu müssen ihre Verschwendung verringert, agrar-ökologische Methoden gefördert und kurze Produktketten unterstützt werden.
Wenn dagegen weiter das moderne industrielle Agrar- und Lebensmittelmodell vorherrscht – das auf steigender Nutzung von Erdölderivaten, Massenproduktion und wahlloser Ausbeutung der natürlichen Ressourcen basiert – wird es nicht nur unmöglich sein, den Trend umzukehren, sondern die Erhöhung der Durchschnittstemperatur wird sogar immer stärker negativ beeinflusst. Nach dem Fünften Bericht des IPPC hat sie bereits im letzten Jahrhundert einen Anstieg von +0,85°C verzeichnet.
Das moderne Modell der Agrarindustrie basiert auf einer Vorstellung von unendlichem Wachstum, aber die Ressourcen auf unserem Planeten sind endlich. Dieses Bewusstsein mit den Zahlen der Weltbevölkerung – die bis 2050 auf 9 Milliarden steigen soll – in Einklang zu bringen, ist eine der größten Herausforderungen, die uns erwarten. Deshalb bittet Slow Food alle, diesen Appell zu unterzeichnen und mit uns zu fordern, die Länder und Institutionen, die in Paris zusammengetreten sind, weltweit wirksame politische Maßnahmen umsetzen, um das derzeitige Lebensmittelsystem radikal zu verändern.
Zum Download des Appells Wir dürfen das Klima nicht aufessen.
Unterschreiben auch Sie, lassen wir unsere Stimme hören.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an das Pressebüro von Slow Food International:
Paola Nano, +39 329 8321285 [email protected]
Slow Food umfasst über eine Million Menschen, die sich mit Überzeugung und Leidenschaft für gutes, sauberes und faires Essen einsetzen: Chefköche, Aktivisten, Jugendliche, Bauern, Fischer, Experten und Akademiker in mehr als 158 Ländern. Das Netzwerk hat außerdem circa 100.000 Mitglieder in 1.500 Convivien (lokale Gruppen) weltweit, die jeweils durch ihren Mitgliedsbeitrag, das Organisieren von Veranstaltungen und der Lancierung von Kampagnen zum Bestehen der Organisation beitragen. Dazu kommen die über 2.500 Lebensmittelgemeinschaften von Terra Madre, die Landwirtschaft auf kleinem Maßstab betreiben und nachhaltige Qualitätslebensmittel herstellen.
Change the world through food
Learn how you can restore ecosystems, communities and your own health with our RegenerAction Toolkit.