EU-Kommission fordert Zulassung von Milchersatzmitteln in der Käseproduktion in Italien
01 Jul 2015 | German
Die EU-Kommission hat die italienische Regierung in einem offiziellen Brief dazu aufgefordert, das bestehende nationale Verbot für den Einsatz von „Milchpulver, Kondensmilch und rekonstituierter Milch“ für die Erzeugung von Milchprodukten abzuschaffen. Von Slow Food kommt dazu ein klares Nein!
Bis jetzt werden in Italien Milcherzeugnisse nur mit echter, frischer Milch hergestellt. Das ist anscheinend nicht im Sinne der EU-Kommission: Sie wirft dem Land vor, dass das nationale Verbot von Milchersatzmitteln „den freien Handel von Waren einschränkt.“ Slow Food unterstützt das italienische Verbot und appelliert an die italienische Regierung, in der Sache nicht nachzugeben. Ganz im Gegenteil, das Verbot sollte nach Meinung von Slow Food auch auf andere EU-Länder ausgeweitet werden. Der Einsatz von hochverarbeiteten Milchersatzmitteln bedroht die traditionelle handwerkliche Herstellung und die Vielfalt an traditionell hergestellten Produkten, an Milch und Käse – und leistet der Verbrauchertäuschung Vorschub.
Die Auflage der EU-Kommission geht in die falsche Richtung und ihre Umsetzung zulasten von traditionellem Wissen und biologischer Vielfalt. Die italienische Position sollte nicht aufgeweicht werden sondern geradezu Modell für die handwerkliche Käseproduktion in Europa sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass Qualitätsprodukte immer mehr durch industriell erzeugte Produkte ersetzt werden, die zunehmend auf natürliche Zutaten verzichten. Genau deswegen bedarf es einer verstärkten Bewusstseinsbildung der Konsumenten auf europäischer Ebene, damit sich auch die Gesetzgebung anderer Länder in Zukunft die Erzeugung qualitativ hochwertige Lebensmittel fördert und nicht einschränkt.
Piero Sardo, Präsident der Slow Food Stiftung für Biodiversität äußerte seine Besorgnis: „Wir hoffen, dass die italienische Regierung dieses Gesetz verteidigen wird. Nach der Schokolade ohne Kakaobutter und dem Wein ohne Weintrauben versucht die Agrarindustrie sich jetzt auch des für Italien wichtigen Molkereisektors anzunehmen. Die Annahme der Forderung aus Brüssel hätte verheerende Konsequenzen für diesen schon angeschlagenen Wirtschaftssektor.“
Heutzutage stehen die Erzeuger von handwerklich erzeugten traditionellen Käsesorten, Rohmilchkäse und Almkäse, die Verfechter traditioneller Techniken und einheimischer Tierrassen vor vielen Herausforderungen, wenn sie ihre Produkte handwerklich sauber herstellen wollen. Eine schwerfällige Bürokratie und hohe Vermarktungskosten bereiten vielen Kleinerzeugern schon jetzt täglich Probleme. Das kulinarische Erbe der Milcherzeugnisse darf nicht noch stärker gefährdet werden, wie etwa durch diese Forderung.
Slow Food arbeitet eng mit Erzeugern handwerklicher Käseprodukte aus der ganzen Welt zusammen und bringt diese alle zwei Jahre bei der internationalen Slow-Food-Käse-Biennale Cheese im piemontesischen Bra zusammen. Bei der diesjährigen 10. Ausgabe der Cheese vom 18. – 21. September werden wieder Hunderte handwerklicher Erzeuger aus aller Welt ihre Qualitätsprodukte dem internationalen Publikum präsentieren.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an das Pressebüro von Slow Food International:
Paola Nano, +39 329 8321285 [email protected]
Slow Food umfasst über eine Million Menschen, die sich mit Überzeugung und Leidenschaft für gutes, sauberes und faires Essen einsetzen: Chefköche, Aktivisten, Jugendliche, Bauern, Fischer, Experten und Akademiker in mehr als 158 Ländern. Das Netzwerk hat außerdem circa 100.000 Mitglieder in 1.500 Convivien (lokale Gruppen) weltweit, die jeweils durch ihren Mitgliedsbeitrag, das Organisieren von Veranstaltungen und der Lancierung von Kampagnen zum Bestehen der Organisation beitragen. Dazu kommen die über 2.500 Lebensmittelgemeinschaften von Terra Madre, die Landwirtschaft auf kleinem Maßstab betreiben und nachhaltige Qualitätslebensmittel herstellen.
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