EU genehmigt die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat. Slow Food: «Eine ökologische und Umweltkatastrophe.»

28 Nov 2017 | German

Carlo Petrini: «Solche Entscheidungen entfernen die Bürger von Europa.»

Nach der verfehlten Einigung vom 9. November haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gestern abgestimmt: Die Zulassung für Glyphosat wurde um weitere 5 Jahre verlängert. Für Slow Food zeigt die Abstimmung, dass die meisten europäischen Regierungen den Willen von über einer Million europäischer Bürger nicht respektieren, denn sie hatten den Willen ausgedrückt, das Herbizid aus dem Ernährungs- und Umweltsystem zu beseitigen.

18 Staaten stimmten dafür (Bulgarien, Tschechische Republik, Dänemark, Deutschland, Estland, Irland, Spanien, Lettland, Litauen, Ungarn, Niederlande, Polen, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Finnland, Schweden, UK), 9 stimmten dagegen (Belgien, Griechenland, Frankreich, Kroatien, Italien, Zypern, Luxemburg, Malta, Österreich), Portugal enthielt sich als einziges Land.

Die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten nicht in der Lage waren, in den zahlreichen vorangegangenen Gesprächen eine Einigung zu erzielen, hätte die Europäische Kommission und die Regierungen dazu bringen müssen einzusehen, dass die Verlängerung nicht positiv aufgenommen werden würde. Dies war von der Zivilgesellschaft und von über einer Million EU-Bürger mit Hilfe der European Citizens Initiative zum Ausdruck gebracht worden.

Ein leichter Trost für die gestrige Entscheidung ist der steigende Druck seitens der Bürger und der Organisationen der Zivilgesellschaft in ganz Europa, um den Einsatz von Glyphosat zu beenden: Nicht wenige Städte, Grafschaften, Staaten und Länder in Europa ebenso wie in der ganzen Welt haben Maßnahmen getroffen, um Glyphosat, den Wirkstoff im Unkrautbekämpfungsmittel Roundup von Monsanto, zu begrenzen oder zu verbieten.

Nur einige Beispiele: Belgien hat die individuelle Nutzung von Glyphosat verboten, in Dänemark hat die dänische Umweltbehörde erklärt, dass Glyphosat krebserregend ist, und empfohlen, weniger toxische Chemikalien zu verwenden, Frankreich hat den privaten Verkauf verboten und will Glyphosat in Zukunft unabhängig vom Votum der Europäischen Union verbieten, in Italien hat die „Coalizione Stop Glyphosate“ immer mehr Zulauf und das italienische Gesundheitsministerium hat bestimmte Einschränkungen für Glyphosat ausgesprochen, in Deutschland haben einige Einzelhandelsgeschäfte Herbizide auf Glyphosatbasis wie Roundup aus den Regalen genommen, Malta hat den Prozess eingeleitet, um ein nationales Verbot durchzusetzen, die Niederlande haben den nichtkommerziellen Einsatz von Glyphosat verboten und in der Schweiz haben die Supermarktketten Migros und Coop Produkte auf Glyphosatbasis wegen der Gesundheitsrisiken aus dem Sortiment genommen.

Carlo Petrini, Gründer von Slow Food, bestätigt: «Die gestrige Abstimmung stellt eine politische Entscheidung gegen die Bürger dar, die die Parlamentsausrichtung nicht berücksichtigt und die Profit vor Nachhaltigkeit, vor Umweltschutz und Gesundheit der Menschen stellt. Es sind genau solche Entscheidungen, die die Bürger von Europa entfernen.»

Der öffentliche Druck gegen Glyphosat hat nicht nachgelassen und wird nicht nachlassen. Die Zivilgesellschaft und die Bürger werden weiter dafür kämpfen, Glyphosat zu verbieten, und Druck auf die Landesregierungen ausüben, um ein Verbot auf nationaler Ebene durchzusetzen.

Hintergrundinformationen:

Die Entscheidung kommt nach wiederholtem Scheitern, eine qualifizierte Mehrheit im Ständigen Ausschuss und in der Berufungskommission vom 29. Juni 2016 zu erreichen – beide Ausschüsse repräsentieren die Mitgliedstaaten. Am 29. Juni 2016 hatte die Europäische Kommission die Genehmigung für Glyphosat für eine begrenzte Zeit verlängert, um der Europäischen Chemikalienagentur die Möglichkeit zu geben, ein Gutachten über die potenziell krebserregende Wirkung von Glyphosat durchzuführen. Die Europäische Chemikalienagentur legte ihr Gutachten der Kommission am 15. Juni 2017 vor. Die derzeitige Genehmigung von Glyphosat läuft am 15. Dezember 2017 ab. Es fanden verschiedene Diskussionsrunden zwischen der Kommission und den Vertretern der europäischen Regierungen statt: am 20. Juli, 5. Oktober und am 25. Oktober. Am 9. November 2017 stimmten die Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel dem Vorschlag der Kommission für die Verlängerung der Glyphosatzulassung um 5 Jahre zu.

Glyphosat ist seit 1974 im Handel und wurde 2015 vom Internationalen Krebsforschungszentrum (IARC) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als ‘vermutlich krebserregend für den Menschen’ eingestuft. Zwei Monate nach Anhörung der Einschätzung vom IARC kam die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu einer gegenteiligen Schlussfolgerung: aus ihrer Sicht ist es unwahrscheinlich, dass Glyphosat ‘ein Krebsrisiko für die Menschen darstellt’. Die EFSA stützte ihre Einschätzung jedoch auf einen EU-Bericht, der Analysen aus einer Studie von Monsanto kopierte und einfügte, wobei einige Seiten der Studie mit einem Antrag übereinstimmten, den Monsanto im Namen der Glyphosate Task Force (GTF) eingereicht hatte, einem von der Firma geführten Industrieverband. 

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:

Pressestelle Slow Food International

Paola Nano, Giulia Capaldi

[email protected] – Twitter: @SlowFoodPress

Slow Food ist eine internationale Organisation mit regionalen Wurzeln, die gute, saubere und faire Lebensmittel für alle fördert: Gut heißt gesund und dazu geschmacklich angenehm, sauber heißt, dass sie die Umwelt und das Wohlergehen der Tiere achten, fair heißt, dass sie die Arbeit von denen, die sie erzeugen, verarbeiten und verkaufen, achten. Slow Food ist eine große Organisation mit über 1500 lokalen Gruppen und 2400 Lebensmittelgemeinschaften, die für die gesamte Bewegung eine führende Rolle einnimmt und jedes Jahr Millionen Menschen einbezieht. Über Projekte wie die Arche des Geschmacks, die Presidi, die Gärten in Afrika und die Mobilisierung des Netzwerks Terra Madre schützt Slow Food das Agrar- und Lebensmittelerbe in aller Welt und fördert eine Landwirtschaft, die Umwelt, Gesundheit und lokale Kulturen bewahrt.

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