Slow Food zum Welternährungstag: „Agrarökologie als Antwort auf die Wasserkrise und zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit“
17 Ott 2023 | German
„Wir sind der festen Überzeugung, dass der Schutz des Wassers ein wesentlicher Bestandteil von nachhaltiger Landwirtschaft ist. Regionale Landwirtschaft und Lebensmittelproduktionen, wie sie von Slow Food-Gemeinschaften in aller Welt betrieben werden, schützen jeden Wassertropfen wie ein kostbares Gut. So werden nicht nur sichere Lebensmittel produziert, sondern auch sauberes Wasser erhalten. Diese Verfahren, die weiterhin gestärkt und erhalten werden müssen zur Überwindung der schweren globalen Wasserkrise, lassen sich in einem Wort zusammenfassen: Agrarökologie“. Edward Mukiibi, Präsident von Slow Food, befasst sich mit bestehenden Lösungen, um die aktuelle Wasserkrise zu bewältigen, von der so viele Menschen weltweit betroffen sind.
Wasser ist Leben, Wasser ist Nahrung. Lasst niemanden zurück. So lautet die Hauptbotschaft der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) anlässlich des Welternährungstags am 16. Oktober. „2,4 Milliarden Menschen leben in Ländern mit Wasserknappheit, und viele von ihnen sind Kleinbauern und Kleinbäuerinnen oder Teil indigener Gemeinschaften. Die Landwirtschaft spielt eine zentrale Rolle bei der Wassernutzung und ist für 72 % des weltweiten Süßwasserverbrauchs verantwortlich”, so Mukiibi weiter.
Slow Food-Gemeinschaften auf der ganzen Welt werden täglich mit Wasserknappheit und Trockenheit konfrontiert und suchen nach nachhaltigen Lösungen; sowohl für ihre Arbeit in der Landwirtschaft als auch im privaten Bereich.
„Wasser ist der Grundstein für unser tägliches Leben, unsere Gesundheit und unsere Zukunft. In unserer Gemeinschaft ist der Zugang zu dieser lebenswichtigen Ressource jedoch nicht immer gegeben. Wir stehen vor immer neuen Herausforderungen: plötzliche Wasserkürzungen, weshalb wir es uns jedes Mal gut überlegen müssen, bevor wir diese kostbare Ressource nutzen. Auch die Wasserknappheit spielt eine Rolle“, berichtet Jean Martial Djèdjé von der Slow Food-Gemeinschaft „Jeunes Dynamiques pour la préservation de la biodiversité de Port-Bouet” in der Republik Côte d’Ivoire. „Wir wissen, dass wir etwas ändern müssen. Wir wissen, dass jeder Tropfen Wasser ein Geschenk der Natur ist, das nicht verschwendet werden darf. Es ist an der Zeit, dass wir uns als Gemeinschaft zusammenschließen, um das Bewusstsein für die Bedeutung von Wasser zu schärfen und uns für zuverlässige und zugängliche Wassersysteme einzusetzen. Wir müssen unsere Mitmenschen darüber aufklären, wie man Wasser spart, undichte Stellen repariert und diese Ressource sorgsam einsetzt“.
Laut Nakawooya Florence, Mitglied der Slow Food-Lebensmittelgemeinschaft Kasaalu Kyogya in Uganda, „wird die Wasserknappheit in unserer Region zunehmend zu einer großen Bedrohung für unsere Produktionsweise. Das hat uns dazu gezwungen, unsere Anbaumethoden zu überdenken und uns auf bodenschonende Verfahren zu konzentrieren, wie beispielsweise das Mulchen. So wird die Feuchtigkeit im Boden gespeichert. Es ist ein permanenter Lernprozess, aber wir passen uns an, damit eine nachhaltige Produktion gewährleistet ist. Die Situation hat uns zu innovativen Methoden wie Regenwassersammlung und Tröpfchenbewässerung gebracht, denn jeder Tropfen zählt. Wir haben jetzt einen Gemeinschaftsteich, in dem wir Regenwasser für länger andauernde Dürreperioden auffangen. Als agrarökologische Erzeuger*innen haben wir die verheerenden Auswirkungen der Wasserknappheit auf unsere Existenzen miterlebt. Wir arbeiten seither mit den umliegenden Gemeinschaften zusammen, um alternative Wasserquellen zu erschließen und unsere landwirtschaftlichen Betriebe zu schützen. So baten wir Slow Food Uganda um Unterstützung beim Bau eines unterirdischen Tanks für das Auffangen von Regenwasser zur Bewässerung. Dieses Wasser wird hauptsächlich für den Gemüseanbau verwendet, wodurch eine konstante Versorgung gewährleistet ist.“
„Chiloé ist eine Inselgruppe im Süden Chiles, die aus einer großen und 40 kleineren Inseln besteht und in einem Gebiet mit hohen Niederschlägen liegt. Dennoch gibt es dort viele Orte mit Wasserknappheit, und die Gemeinden müssen von Lastwagen mit Wasser versorgt werden, wenn es ein paar Wochen lang nicht regnet“, so die Vorsitzende von Slow Food Chile, Marcela Ramos. „Chiloé wurde von der chilenischen Regierung zu einem Energiestandort erklärt, weil dort gute Bedingungen zur Errichtung von Windparks zur Stromerzeugung vorherrschen. Leider werden diese Windfarmen auf dem Bergmassiv errichtet, wo sich dank der Torfmoore und -moose Wasser ansammelt. So werden die Wasserreserven unserer Insel zerstört. Die Gewinne aus dieser Stromerzeugung gehen an multinationale Konzerne, die für die Folgen ihrer Aktivitäten keine Verantwortung übernehmen. Chiloé ist Teil des GIAHS-Programms der FAO, und dennoch wird unser Gebiet von den Entscheidungsträgern nicht geschützt“.
Slow Food beteiligt sich aktiv am Projekt SANAPI zum Schutz von Wasser, Land, Wald, der Artenvielfalt und der Bienen. In Bolivien zielt es darauf ab, nachhaltigere Bedingungen für die Nutzung der natürlichen Ressourcen in den Fokusgebieten zu schaffen, insbesondere durch den Schutz und die Stärkung der ökologischen Funktionen des Waldes zugunsten der Menge und Qualität des verfügbaren Wassers.
Worin liegt die Lösung?
„Auch hier kann die Antwort in der Agrarökologie gefunden werden. Ein verbessertes Boden- und Wassermanagement ist das Herzstück einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion, und eine nachhaltige landwirtschaftliche Wasserbewirtschaftung ist einer der Grundsätze, auf denen die Agrarökologie beruht. Konkret geht es um die nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen in den landwirtschaftlichen Betrieben durch optimales Boden-Wasser-Management – die Nutzung von Regenwasser und die Art der Bewässerung sowie die Vermeidung von Wasserverlusten. „Es ist an der Zeit, einen sanften Weg des Wasserverbrauchs einzuschlagen und vielmehr die Nachfrage zu reduzieren, als mehr Wasser zu fordern“.
Im weiteren Sinne stellt die Agrarökologie laut Slow Food einen ganzheitlichen und umfassenden Ansatz dar, der den allgemeinen Zugang zu einer nährstoffreichen und kulturell angepassten Ernährung gewährleistet, die Artenvielfalt und die natürlichen Ressourcen bewahrt, die Klimakrise abmildert und die zentrale Rolle der Landwirt*innen im Lebensmittelsystem wiederherstellt und gleichzeitig soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte fördert. Viele agrarökologische Praktiken der Wasserbewirtschaftung zielen nämlich darauf ab, die Wasserspeicherkapazität des Bodens zu verbessern, statt größere Mengen Wasser zu fordern. Wasser wird immer mehr zu einer knappen Ressource.
#WorldFoodDay
Quellen:
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