Slow Food arbeitet an Projekten mit einem breiten Spektrum an gesellschaftlichen, kulturellen und umweltbezogenen Themen, die jedoch alle einen gemeinsamen Nenner haben: allen Menschen das Recht auf gute, saubere und faire Lebensmittel zu garantieren.
Wir sind eine Organisation mit einem ehrgeizigen Ziel: wir möchten die Welt etwas besser machen. Dazu sind wir auf die Hilfe von Millionen Unterstützern, Aktivisten und Freiwilligen auf der ganzen Welt angewiesen, die an unsere Ziele glauben und uns tagtäglich dabei helfen, sie zu erreichen. Ohne den Einsatz dieser Menschen könnte Slow Food nichts ausrichten und wir versuchen auf allen Ebenen, sie bei der Umsetzung ihrer Ziele zu unterstützen. Das ist nur möglich durch die privaten und öffentlichen Spenden, Sponsoring und die Mittel, die uns Institutionen und Stiftungen zur Verfügung stellen.
Wofür haben wir diese Gelder also in diesem und im letzten Jahr ausgegeben? Wir haben einen der vielleicht ehrgeizigsten Schritte unserer Geschichte gewagt und unseren Fokus auf ein Land gerichtet, in dem wir uns bis vor Kurzem nicht hätten träumen lassen, Einfluss auszuüben: China. Denn es ist sinnlos, einen weltweiten Wandel des Lebensmittelsystems herbeiführen zu wollen, ohne die zentrale Rolle zu berücksichtigen, die dieses Land spielt, das das bevölkerungsreichste der Welt und der größte Verursacher von Treibhausgasen ist. Aus diesem Grund haben wir das chinesische Chengdu, eine UNESCO-Stadt der Gastronomie, als Schauplatz für den 7. Internationalen Slow Food-Kongress ausgewählt.
China ist außerdem ein Land, das eine der größten Migrationsbewegungen aller Zeiten erlebt hat, nämlich die seiner Landbevölkerung in die Städte. 1990 lebte nur 26% der chinesischen Bevölkerung in städtischen Gebieten, jetzt beträgt dieser Anteil über 56%. Wir müssen das Leben im ländlichen Raum wieder attraktiver und tragbarer für Stadtbewohner machen. Dazu haben wir ein neues Projekt auf den Weg gebracht, das in Zusammenarbeit mit der Bewegung für ländlichen Wiederaufbau 1000 Slow-Dörfer nach den Prinzipien des agroökologischen Landbaus einrichtet.
Die Spenden, die unsere Unterstützer letztes Jahr getätigt haben, haben wir 2017 auch dazu eingesetzt, die Botschaft von Slow Food zur Schaffung neuer Weideflächen auf der ganzen Welt zu verbreiten. Erstmalig haben wir dazu große Veranstaltungen in Burkina Faso und im Kongo organisiert, während in der Karibik in Zusammenarbeit von Mexiko und Kolumbien das Projekt Slow Fish Caribe zum Schutz der Artenvielfalt an Korallenriffen und Küstenlandschaften gestartet wurde. Bei einer unserer Veranstaltungen im Rahmen von Slow Food Nations in Denver haben wir die biologische Vielfalt des amerikanischen Kontinents vorgestellt und den amerikanischen Landwirten, die in kleinem Maßstab produzieren, eine wichtige Plattform gegeben, um zu Wort zu kommen.
Dieses Jahr konnten wir an jedem einzelnen Tag einen neuen Garten in Afrika schaffen. Lauter kleine Schritte, um die Ernährungssouveränität im ärmsten Kontinent der Welt zu sichern. Nächstes Jahr möchten wir sogar noch mehr leisten, um unserem Ziel der 10.000 Gärten in Afrika immer näher zu kommen. Wir haben über 650 neue Produkte in die Arche des Geschmacks aufgenommen und damit den weltgrößten Katalog von vom Aussterben bedrohten Lebensmitteln wesentlich erweitert. Auch weiterhin werden wir uns auf die Suche nach Lebensmitteln, Pflanzensorten und Tierrassen begeben, die vom Aussterben bedroht sind. Das ist der erste Schritt dazu, bei der Weltbevölkerung ein Bewusstsein für dieses kollektive Erbe zu schaffen, das es zu schützen gilt.
In Europa setzen wir uns weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass die nationalen und internationalen Institutionen konkrete Veränderungen an unserem herrschenden Lebensmittelsystem durchsetzen, insbesondere hinsichtlich der Gemeinsamen Agrarpolitik, die 40% des EU-Budgets ausmacht. Nachdem der europäische Binnenmarkt faktisch die größte Volkswirtschaft der Welt darstellt, hat die EU-Agrarpolitik auch über europäische Grenzen hinaus weitreichende Folgen, insbesondere für Länder, in die Europa exportiert, darunter auch Entwicklungsländer. Slow Food arbeitet in Brüssel an vorderster Front daran, der Stimme von Kleinerzeugern auf der höchsten Ebene Gehör zu verschaffen. Wir nutzen zu diesem Zweck neue und kreative Formen der Lobbyarbeit, um die Politiker zu einem Kurswechsel zu bewegen. Nächstes Jahr müssen wir noch mehr Ressourcen für diese grundlegenden Tätigkeiten aufbringen, da unsere Gegner aus der Lobby der Agro-Industrie ihren Einfluss auf den Ernährungssektor ausbauen.
Slow Food ist sehr vielschichtig und hat für verschiedene Menschen unterschiedliche Bedeutungen. Das kann selbst bei den engsten Unterstützern zu Verwirrung führen, ganz zu schweigen von der Allgemeinheit. Die Förderung eines Bauernmarkts in Chile, die Ausrichtung einer Konferenz für junge Lebensmittelerzeuger, eine Kampagne in den Social Media oder Lobbyarbeit auf EU-Politiker mögen auf den ersten Bick nicht viel gemein haben, doch sie werden alle vom selben Grundgedanken getragen: dass wir unsere Sichtweise auf Lebensmittel verändern müssen. Nachdem der Klimawandel in vollem Gang ist und unsere Lebensmittel ins Schussfeld geraten, ist es wichtiger als je zuvor, zu handeln. Wenn wir alle zusammenarbeiten, können wir wirklich etwas bewirken und die Zukunft der Menschheit und unseres Planeten auf lange Sicht verändern, angefangen bei unseren Lebensmitteln. Alles, was wir tun, geht auf diese Botschaft zurück: Essen kann die Welt verändern. Das möchten wir auf der ganzen Welt verbreiten. Wenn wir uns für gute, saubere und faire Lebensmittel entscheiden, können wir die Zukunft für uns selbst, für die Lebensmittelerzeuger und für unseren Planeten ein bisschen besser machen.