Slow Food kämpft seit Jahren, um die Käseproduktion mit Rohmilch zu schützen. Welche Erfolge wurden erreicht und welche Probleme sind noch offen?
Ein Widerstand, der seit zwanzig Jahren anhält. Ein Käse-Widerstand.
Das ist das Engagement von Slow Food für die Verteidigung der kleinen Käser und des ursprünglichen, wahren Geschmacks von Rohmilchkäse in aller Welt – um ihnen neue Würde zu verleihen und gegen die rigiden, hygiene- und marktbesessenen Vorschriften zu kämpfen.
Die Cheese, die zweijährliche Messe zu den Formen der Milch (in Bra vom 18. bis 21. September), die Kampagne Käse-Widerstand, die Slow Food Presidi zum Schutz von Rohmilchkäse und lokalen Rassen sind nur einige der Initiativen, die der Verein ins Leben gerufen hat, um die Rechte der Käser zu unterstützen und zu schützen.
Was hat sich nach zwanzig Jahren Kampf geändert? Welche Herausforderungen wurden bewältigt, welche Fronten sind noch offen? Wir sprechen darüber mit Piero Sardo, dem Vorsitzenden der Slow Food Stiftung für biologische Vielfalt.
Zu allererst: die Rohmilch. Ein Kulturkampf, der zusammen mit zahlreichen Weggefährten gewonnen wurde, wie uns Piero Sardo erzählt. «2001 war das Jahr, in dem wir die Kampagne Käse-Widerstand (oder Slow Cheese) eingeleitet haben. Über 20.000 Unterschriften in ganz kurzer Zeit haben das Slow Food Manifest zur Verteidigung des Rohmilchkäses unterstützt. Das waren Jahre, in denen die Verbraucher sehr misstrauisch waren und die Landwirte sich mit strengen Hygienevorschriften auseinandersetzen mussten, die ihre Produktion verboten oder jedenfalls gefährdeten. Die Kampagne war ein Erfolg, wir können uns das Verdienst zuschreiben, einen Paradigmenwandel ausgelöst zu haben.» In aller Welt wurden nämlich die Initiativen des Slow Food Netzwerks zur Sensibilisierung umgesetzt und fortgeführt, es entstanden nationale Kampagnen in Brasilien, Irland, Kanada, USA, Südafrika und noch vielen anderen Ländern, um die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher, wie sie sich ernähren, und das Recht der Käser, hochwertigen Rohmilchkäse zu erzeugen, zu garantieren.
Eine noch offene Front ist dagegen die Krise der Weidewirtschaft und der kleinen Almkäsereien. Slow Food hat sich mit der Gründung von Presidi in Randgebieten dafür eingesetzt und arbeitet mit Gruppen von Erzeugern zusammen, die lokale Rassen schützen, traditionelle Rezepte erhalten und sich noch für die Produktion im Gebirge entscheiden. Aber der Weg ist noch weit, und es muss noch viel getan werden, um ihnen ein angemessenes Einkommen zu verschaffen. Heute ist Wolle – sofern sie nicht von wertvollen Rassen stammt – ein Abfallprodukt, das entsorgt werden muss, und damit ein Kostenfaktor, Schafmilch wird für weniger als einen Euro verkauft, und der Verbrauch von reifen Schafskäse sinkt ständig. Und dazu kommen die Schwierigkeiten, in Gebieten wie unseren Bergen zu leben, die häufig aufgegeben, kaum valorisiert und damit immer verletzlicher werden.
Schließlich die Fermente, d.h. der komplizierteste, schwierigste Kampf. Haben Sie bemerkt, dass sich die Käsesorten immer mehr ähneln? Wir sprechen gar nicht von industriellem Käse, sondern auch von den handwerklichen aus Rohmilch, die mit speziellen Techniken, verschiedenen Arten und Tierrassen, sogar auf der Alm erzeugt werden. Fermente, das sind diese Bakterien, die Milch in Käse verwandeln. Sie finden sich natürlicherweise in der Milch, an den Händen des Käsers, am Euter der Kühe, am Melkeimer, an den Holzwerkzeugen… Heute melken aber die meisten Käser nicht mehr von Hand, Holz ist häufig aus den Käsereien verbannt, die Milch fließt von Leitung zu Leitung, von Stahl zu Stahl: durch ein hygienisch perfektes Ambiente, das keine Bakterienflora zulässt. Also muss man auch der Rohmilch Fermente zusetzen, genau wie der pasteurisierten Milch, und eine enge Beziehung zur Umgebung geht unwiderruflich verloren. Es gibt allerdings eine Lösung: Jeder Käser kann seine eigenen Fermente aus seiner Milch herstellen. Slow Food arbeitet seit Jahren mit Fachleuten und Lebensmitteltechnikern, um den Käsern auf diesem Weg zu helfen, und setzt sich für die Entwicklung neuer Technologien ein, die die Arbeit der Käser diesbezüglich erleichtern könnten.
Schließlich die Milch, die sehr gering bezahlt wird (36 Cent pro Liter) und dem freien Markt unterliegt (mit der Abschaffung der Milchquoten) – eine beliebige Commodity. Und dann vor wenigen Wochen die Mahnung der EU bezüglich des italienischen Gesetzes, das die Verwendung von Milchpulver für die Käseproduktion verbietet. Slow Food hat sich sofort mobilisiert und eine Unterschriftenkampagne gestartet, um Nein zur Zugabe von Milchpulver zu sagen. «Wir stehen hier vor einer kulturellen und politischen Frage von extremer Bedeutung», erklärt Piero Sardo. «Käse ist ein Teil unserer Kultur, er geht auf die Ursprünge der Domestizierung vor 10.000 Jahren zurück und ist quer durch die Geschichte Europas präsent. Und die Milch ist die Daseinsberechtigung des Käses, nicht irgendeine von vielen Zutaten. Deshalb ist es ganz wesentlich, ihre Qualität und ihre Bindung an die Region zu bewahren. Die Zugabe von Milchpulver ist eine Degeneration des Industrialisierungsprozesses und hat keinen Sinn – wenn nicht den des Profits.»
Widerstand leisten, also: denn nur, indem man die Saat der Lebensmittelkultur sät, kann man die Welt von Käse und Milch verändern. Und man muss informieren, deutlich erklären, dem Bürger Verantwortung geben. Besser bezahlen, wer besser arbeitet, und dem Verbraucher den Unterschied erklären. Eine anspruchsvolle, aber notwendige Herausforderung.
Über diese und viele andere Themen werden wir an den vier Tagen der Cheese sprechen.
Kommen Sie uns besuchen, unterstützen auch Sie den Käse-Widerstand!