Alles begann mit einer Ladung etwas zu reifer Kürbisse. Der Supermarkt, an den Matt Dennis, ein Bauer aus dem australischen Maitland, gewöhnlich seine Produkte verkaufte, hatte diese abgelehnt, weil sie nicht makellos und glänzend waren. Matt fand sich damit ab, die Kürbisse wegwerfen zu müssen – ein schwerer wirtschaftlicher Schaden für seinen kleinen Betrieb. Als Amorelle Dempster, Conviviumleiter von Slow Food Hunter Valley, davon hörte, organisierte er in kürzester Zeit einen Verkaufsstand und bat die Bürger von Maitland um ihre Mithilfe: durch den Kauf der Kürbisse konnten sie Dennis helfen und eine absurde Verschwendung verhindern.
„Ich bin in Sri Lanka aufgewachsen – erzählt Amorelle -, und auch wenn es meiner Familie nicht so gut ging, haben wir das, was wir hatten, immer mit Menschen geteilt, denen es noch schlechter ging als uns. Den Gedanken, Essen zu verschwenden, finde ich unerträglich.”
Die Kürbisse waren binnen kürzester Zeit ausverkauft, Matt konnte einen schweren wirtschaftlichen Schaden abwenden und Amorelle kam dadurch eine weitere Idee: der erste Fresh Food Market von Maitland.
Er bereitete alles Organisatorische vor, holte die Erzeuger mit ins Boot, kümmerte sich um die erforderlichen Genehmigungen der Gemeinde und schon hatte Maitland seinen ersten Bauernmarkt, bei dem Landwirte und Viehzüchter aus einem Umkreis von 100 km (was in Australien nicht viel ist) ihr frisch geerntetes Obst und Gemüse, Bio-Eier, Fleisch von Tieren aus Weidehaltung der Umgebung und Gewürze direkt an die Bürger von Maitland verkaufen konnten. Letzten August wurde der Markt zum ersten Markt der Erde in Australien. Er erfreut sich großer Beliebtheit und findet jeden ersten und dritten Donnerstag des Monats von 14 bis 19 Uhr auf der Hauptstraße der Stadt statt. Während des Marktes werden für die Kunden auch 50-60 Mahlzeiten zubereitet. Die Produkte gehen jedes Mal weg wie warme Semmeln. Was nicht verkauft wird, geht oft als Spende an die ehrenamtlichen Helfer des Slow Food-Conviviums. Sie bringen die Lebensmittel dann ins Cafè von Amorelle und bereiten daraus 200 Mahlzeiten pro Woche für die Bedürftigen der Stadt zu.
In der Zwischenzeit hat Matt Dennis begonnen, seinen Anbau zu diversifizieren, um nicht wieder den Risiken einer Monokultur ausgesetzt zu sein. Andere hingegen haben endlich Anerkennung für ihr Engagement zum Erhalt der biologischen Vielfalt gefunden. Austin Breiner beispielsweise baut hunderte verschiedener traditioneller Sorten an und hat letztes Jahr 40 verschiedene Kürbissorten geerntet, von denen es einige seit über einem hundert Jahren gibt. Das Projekt der Markteröffnung stieß bei den Erzeugern der Gegend auf großen Anklang. 2017 wurden auf dem Markt mindestens 20 Tonnen Lebensmittel verkauft, was für die Bauern einen Ertrag von 100.000 Dollar bedeutete und eine sehr wichtige Unterstützung für sie darstellte. Ohne diese Initiative hätten einige sicherlich den Beruf aufgegeben und die jungen hätten anderswo eine Beschäftigung gesucht. Das wäre ein schwerer Rückschlag für das kulinarische Erbe der Gegend gewesen. Dieser Teil des Landes hat stark mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen, der eine zunehmende Austrocknung verursacht und deshalb ein riesiges Problem für die Landwirtschaft und Viehzucht darstellt.
Gleichzeitig haben die Bewohner von Maitland jetzt einen Ort, wo sie hochwertige, frische und gesunde Lebensmittel kaufen können. Aber nicht nur das – sie können dort auch Informationen finden und sich mit anderen austauschen, ihr Bewusstsein zu Fragen rund um Lebensmittel ausbilden und so echte Ko-Produzenten werden. Es werden auch regelmäßig vor Ort in den Betrieben Verkaufsaktionen für Gemüse und andere Erzeugnisse, die sonst in Bälde weggeworfen würden, organisiert. Das erspart nicht nur den Erzeugern wirtschaftlichen Schaden, sondern regt auch die Verbraucher an, mehr frisches Obst und Gemüse zu verzehren. Im November wurden auf dem Markt anlässlich der jährlichen Knoblauchernte verschiedene Knoblauchsorten, deren jeweilige Eigenschaften die Produzenten dort vorstellten, präsentiert und verkauft.
Maitland hat Amorelle als „Bürger des Jahres” ausgezeichnet. Die Geschichte des Marktes und der Einsatz von Slow Food Hunter Valley wurden in einer Sitzung des Parlaments als Beispiel zitiert, um wieder eine engere Verbindung zwischen der Gemeinschaft und ihren ländlichen Wurzeln herzustellen.