«Wer die Saat hat, hat das Sagen» – Bauern Zeitung

23 Feb. 2017

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«Höfesterben, Landkonzentration, Patente und Monokulturen – das sind die Folgen der Konzernmacht im Ernährungssektor. » Davon ist Barbara Unmüßig, Vorstandsvorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung, überzeugt. Die Stiftung, die auch gemeinsam mit der Organisation Friends of the Earth den Fleischatlas herausgibt präsentierte gemeinsam mit fünf weiteren Organisationen (Rosa-Luxemburg-Stiftung, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Oxfam Deutschland, Germanwatch und Le Monde Diplomatique), den Konzernatlas 2017, Daten und Fakten über die Agrarindustrie. Der Bericht ist hier zu finden.

Das alarmierende Ergebnis des Berichts zitieren die Bauern Zeitung und Agrapress: «Immer weniger Konzerne bestimmen weltweit über einen immer höheren Anteil der Lebensmittelerzeugung und Ernährung. Dies geschieht zum Nachteil der Kleinbauern, Landarbeiter und der Ernährungssouveränität eines jeden Landes. » So fanden etwa fünf der zwölf kapitalintensivsten Übernahmen börsennotierter Konzerne in den Jahren 2015 und 2016 im Agrar- und Ernährungsbereich statt (diesbezüglich haben wir kürzlich über den Übernahmeversuch von Kraft-Heinz gegenüber Unilever berichtet. Der Wert der Fusionen von Unternehmen in dieser Branche war mit 347 Mrd. US-Dollar (325 Mrd. Euro) fünfmal höher als in der Pharma- und Ölindustrie. Ganz richtig, die Agrarindustrie übertrifft sogar die beiden Sektoren, die die Welt mehr als alle anderen in Atem halten.

Lediglich vier Großkonzerne dominieren derzeit rund 70 Prozent des Welthandels mit Agrarrohstoffen (Weizen, Mais und Soja an erster Stelle, danach Zucker, Palmöl und Reis), so lesen wir im Konzernbericht. Drei Konzerne dominieren 50 Prozent des globalen Weltmarkts für Landtechnik: Cnh Industrial, mit Sitz in den Niederlanden, Fiat (mit seinen 12 Marken, darunter Case, New Holland, Steyr, Magirus und Iveco) und der US-Konzern Agco mit Gleaner, Deutz-Fahr, Fendt und Massey Ferguson.

Nichts im Vergleich zur Macht der Saatgutkonzerne

Den Saatgut- und Pestizidmarkt dominieren sieben Unternehmen weltweit – noch. Denn im Bereich der Agrarchemie stehen große Umstrukturierungen bevor. Die Dominanz der sieben großen Hersteller von Agrarchemikalien könnte sich in naher Zukunft weiter verdichten. So planen die beiden US-Konzerne DuPont und Dow Chemical eine Fusion, ChemChina will Syngenta aus der Schweiz kaufen, und der deutsche Bayer-Konzern bereitet die Übernahme von Monsanto vor. Es ist noch unklar, was Basf vorhat.

Das bedeutet: Am Ende würden drei Konzerne mehr als 60 Prozent der Märkte für Saatgut und Agrarchemie beherrschen. What else?

Frei nach dem Denkspruch „Wer die Saat hat, hat das Sagen“ lastet der Konzernatlas den Unternehmen an, jeweils die marktbeherrschende Stellung erreichen zu wollen und dadurch Produkte, Preise und Qualitäten diktieren zu können. Hinzu kommt der Druck, den große Unternehmen auf Regierungen und Parlamente ausüben können.

Betrachten wir nur das Beispiel gentechnisch veränderter Organismen (GVO) und Pestizide. In Europa gilt das Vorsorgeprinzip. Das ist wichtig und richtig so. Laut EU-Gesetzgebung erhalten Pestizide demnach keine Zulassung, bevor nicht ihre Unbedenklichkeit nachgewiesen ist. Auch für GVO gibt es in der EU ähnliche Richtlinien. Außerdem gilt in Europa beim Anbau von GV-Pflanzen ein nationales Selbstbestimmungsrecht.

Welche Folgen könnte also das Inkrafttreten der transatlantischen Handelsabkommen haben? Wenn diese Großkonzerne noch mehr Macht bekämen?

Auch wenn in der EU eine strenge Zulassungs- und Kennzeichnungspflicht für die GV-Produkte besteht, befürchten die Autoren des Berichts, dass die Großkonzerne diese Zulassungs- und Kennzeichnungspflicht als Wachstums- und Handelshemmnis stärker angreifen könnten. Wenn die EU sie zwingen will, wird es nicht an Gegenwehr mangeln.

Auch im Bereich der Züchtung und bei Patenten melden die Autoren Bedenken an. Patente auf Pflanzen führen dazu, dass Landwirte Lizenzgebühren für Saatgut und Nachbau bezahlen müssen. Diese Kosten könnten sich viele Kleinbauern oder kleine Züchter, die ihren Alltag sowieso nur mit Heldenmut bewältigen können, nicht leisten. Das wäre für die Landwirte ein unwiederbringlicher Verlust der Freiheit, sich auszusuchen, welches Saatgut sie anpflanzen wollen.

Vielleicht müsste dieser Bericht stärker im EU-Parlament gelesen werden, damit unsere europäischen Abgeordneten sich auf die Seite der Landwirte stellen…Denn die Konzernatlas-Autoren weisen klar darauf hin: «Wer sich genetisches Material über Patente sichert, erhält perspektivisch die Kontrolle über das Saatgut und damit über die Landwirtschaft sowie über die nachgelagerte Lebensmittelerzeugung – und am Ende über die Welternährung. »

Man stelle sich vor…

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