Slow-Food-Gärten in Afrika: nachhaltige Wasserbewirtschaftung mit Terrakotta-Gefäßen

16 Jan 2023

06.01.2023 – Durch den Klimawandel rücken Dürre und Wasserknappheit zunehmend in den Fokus unseres täglichen Lebens, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent. Von Slow Foodies Boujemaa Gueghlan und Amanuel Menna erfahren wir, wie Landwirt*innen des Slow-Food-Projektes „10.000 Gärten in Afrika“ seit Jahrzehnten Terrakotta-Gefäße verwenden, um eine konstante Wassermenge für ihre Pflanzen zu gewährleisten. width=

Die nachhaltige Beschaffung von Wasser war schon immer ein zentrales Thema bei der Bewirtschaftung von Gärten weltweit. Im Zuge des Klimawandels ist dieses Thema jedoch noch relevanter geworden. Viele Länder sind derzeit aufgrund der steigenden Temperaturen mit einer ungewöhnlichen Wasserknappheit konfrontiert. Gartenbesitzer*innen und -verwalter*innen suchen händeringend nach Techniken, die ihnen helfen, ihre Ressourcen so effektiv wie möglich zu nutzen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Wasserbeschaffung, die von den jeweiligen Rahmenbedingungen des Gartens abhängen. Einige dieser Techniken sind kostenintensiv (Motor- und Solarpumpen, bezahltes Wasser). Andere sind schwankend (saisonale Gewässer, Regenfälle) und garantieren somit keine konstante Wassermenge für den Gebrauch im Garten. Die verwendeten Beschaffungsarten variieren je nach Art des Gartens (Gemeinschafts- oder Schulgarten). Dennoch können uns die aggregierten Daten einen guten Einblick in die Verfügbarkeiten in den afrikanischen Gärten geben.

Die Wasserversorgung in den Slow-Food-Gärten in Afrika

 width=Mit Hilfe eines Kontroll- und Bewertungssystems, das Daten von etwa 10 % der aktiven Slow-Food-Gärten in Afrika sammelt (358 Gärten in 15 Ländern, Stand 11/2022), kann Slow Food feststellen, dass fast alle Gärten auf Regenfälle angewiesen sind (95,5 %). Die meisten Gärten versuchen allerdings diese unbeständige Wasserquelle mit Techniken zu integrieren, welche Unsicherheiten verringern und eine zuverlässige Wasserversorgung gewährleisten. Regenwasserauffangsysteme (68,2%), kostenloses Wasser (61,2%) und manuelle Wasserpumpen (51,2%) sind die bevorzugten Quellen.

Diese Daten zeigen uns, dass die Slow-Food-Gärten in Afrika sehr stark durch die Wetterbedingungen beeinflusst werden und auf Regenfälle angewiesen sind. Die bisherigen Versuche, Wasserquellen zu diversifizieren, reichen in einem sich ändernden Klima nicht mehr aus. Wenn die Niederschläge durch den Klimawandel immer weiter sinken, müssen Gartenbetreiber*innen sich über Formen der Bewässerung Gedanken machen, die die Pflanzen selbst präziser erreichen und dafür sorgen, dass kein kostbares Wasser an Stellen verloren geht, die dem Garten und den Pflanzen nicht dienlich sind.

Terrakotta-Gefäße als Behälter

 width=Aus den von uns gesammelten Daten geht hervor, dass über 20 % der Gärten, über die wir Daten gesammelt haben, Terrakotta-Gefäße als Bewässerungsmethode verwenden. Die Verwendung von Terrakotta-Gefäßen stellt eine besondere Art der Wasserbewirtschaftung dar. Die Gefäße werden eingegraben und mit Wasser gefüllt. Durch die Durchlässigkeit des Tons wird das Wasser langsam an die umliegenden Pflanzen abgegeben. Es handelt sich um eine uralte Technik, die in vielen verschiedenen Kulturen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent verbreitet ist. Sowohl unsere marokkanischen als auch unsere äthiopischen Netzwerke haben uns erfolgreiche Geschichten über die Verwendung von Terrakotta-Gefäßen geliefert. Die Technik ist äußerst vielseitig: sie kann in kleinen Familiengärten bis hin zu großen Farmen eingesetzt werden. Der Arbeitsaufwand für die Herstellung der Töpfe und das Vergraben auf dem Feld ist relativ gering und es werden nur lokal verfügbare Ressourcen verwendet. Im SNNPR/Derashe-Gebiet in Äthiopien zum Beispiel werden die Töpfe hauptsächlich von den Frauen vor Ort hergestellt, die damit in die lokale ländliche Wirtschaft integriert sind. Dies macht die Methode sehr zugänglich, nachhaltig und relativ kostengünstig (die Töpfe werden zu einem Preis von etwa 30ETB ~ 0,5 Euro verkauft).

Besonders in trockenen Regionen hat diese Technik mehrere Vorteile. Im Vergleich zu anderen Bewässerungstechniken spart sie zwischen 50 und 70 % Wasser. Da die Töpfe im Boden eingegraben sind, verdunstet das Wasser nicht, und die Pflanzenwurzeln können direkt so viel Wasser aufnehmen, wie sie benötigen. Außerdem gelangt das Wasser direkt zu den Wurzeln der Pflanzen, wodurch der Oberboden trocken bleibt und die meisten Unkräuter nicht wachsen können. Das bedeutet, dass fast das gesamte Wasser direkt den vorgesehenen Pflanzen zugute kommt. Boujemaa aus Marokko erklärt uns, dass die Auswahl der Töpfe ein wesentlicher Schritt ist, um eine optimale Bewässerung zu erreichen. Jeder Topf versorgt eine Fläche, die etwa dreimal so groß ist wie sein Durchmesser, und muss je nach Wetter und Boden alle fünf bis zehn Tage aufgefüllt werden. Das macht die Bewässerung einfacher und weniger arbeitsintensiv.

Aus den von uns gesammelten Daten geht hervor, dass diese Technik in Trockengebieten in mehreren anderen Ländern Afrikas bekannt ist und angewandt wird, z. B. in Kenia, Malawi, Ruanda, Tansania, Südafrika und der Demokratischen Republik Kongo. Das allgemeine Interesse daran, mehr über diese Technik und ihre potenziellen konkreten Anwendungen zu erfahren, ist daher sehr groß, was sich positiv auf die um die Gärten herum lebenden Gemeinden auswirken wird.

Slow-Food-Gärten in Afrika unterstützen mit einer Spende

Sie können das Projekt “10.000 Gärten in Afrika“ mit einer Spende unterstützen und dazu beitragen, dass weitere Gärten in Afrika etabliert werden und so das Netzwerk gestärkt, Resilienz aufgebaut und die Biodiversität geschützt wird.

>> Jetzt hier spenden und mehr über das Projekt erfahren.

>> Video-Eindrücke vom Projekt.

Biografien

Gueghlan Boujemaa ist Berater und Ausbilder für nachhaltige Landwirtschaft bei Terre et Humanisme (https://terre-humanisme.org/project/maroc/). Er arbeitet an mehreren agrarökologischen, Permakultur- und Bioprojekten mit Landwirt*innen, NGOs, Schulen und Universitäten. Er ist der nationale Koordinator der Slow-Food-Gärten in Marokko.

Amanuel S. Menna ist Tierarzt und leidenschaftlicher Aktivist. Er hat ein großes Interesse an der Kombination von Gartenarbeit und Geflügelzucht. Er ist Mitglied der Derashe Peoples Development Association NGO und setzt sich dort für die agrarökologischen Gärten in Afrika ein, um ein Lebensmittelsystem zu schaffen, das köstliche und nahrhafte Lebensmittel für alle bereitstellt.

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