Slow Food Europa: von der Leyens Klimaschutzziele dürfen die Reform der GAP und den Verlust an Biodiversität nicht außen vor lassen
18 Jul 2019
Slow Food Europa bedauert, dass die Prioritäten der neuen Kommissionspräsidentin, die am Dienstagabend vom Europäischen Parlament gewählt wurde, nicht streng und konkret genug sind, um auf die Klimakrise zu reagieren. Ursula von der Leyen, die die Kommission ab November leiten wird, schlug keine Veränderungen der europäischen Landwirtschaftspolitik vor, die eine der Hauptursachen für den Klimawandel und den Verlust der Biodiversität ist. Bei der Wahl im Europäischen Parlament stimmten 383 Abgeordnete für von der Leyen, 327 dagegen. Sie war nach einem 48-stündigen Verhandlungsmarathon der führenden EU-Politiker überraschend als Kandidatin für das Amt der Kommissionspräsidentin nominiert worden.
Die frisch gewählte Kommissionspräsidentin bezeichnete den Klimawandel als oberste Priorität und sagte, dass „es die größte Verantwortung und Chance unserer Zeiten ist, dafür zu sorgen, dass unser Planet gesund bleibt.” Wie jedoch die Klimaproteste und die Ergebnisse der Europawahlen klar gezeigt haben, muss die neue Kommission stärker denn je gegen den Klimawandel vorgehen.
Slow Food Europa ist überzeugt davon, dass die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin noch wesentlich tiefer in das Thema einsteigen muss. Denn um angemessen auf den Klimawandel zu reagieren, reicht es nicht aus, sich ambitionierte Ziele zu setzen, wie die Klimaneutralität bis 2050 oder eine Halbierung der CO2-Emissionen bis 2030.
„Die neue Kommissionspräsidentin hat sich hauptsächlich auf die Klimaschutzziele konzentriert. Sie hat versprochen, das erste europaweite Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen und ambitionierte Ziele gesteckt. Aber diese Versprechungen, Vorreiterin im Kampf gegen den Klimawandel zu sein, bleiben leere Versprechungen, wenn man nicht die konkreten politischen Maßnahmen benennt, um diese Ziele zu erreichen. Man kann nicht ernsthaft gegen Klimawandel vorgehen, ohne die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) einzubeziehen, die katastrophale Auswirkungen auf die europäische Landwirtschaft, den Klimawandel und den Verlust der Biodiversität hat”, so Rachele Lodi, Klimaforscherin und Mitglied des internationalen Rats von Slow Food für Europa.
Bisher unterstützt die GAP-Reform weiterhin die intensive Landwirtschaft– einen der Hauptverursacher des Klimawandels und des Verlusts an Biodiversität. Die industrielle Landwirtschaft ist für ein Drittel aller Treibhausgasemissionen verantwortlich; und ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Vereinten Nationen zeichnet ein erschreckendes Bild des „beispiellosen und immer rascheren“ Verlusts der weltweiten Biodiversität.
„Der Schwerpunkt unserer Arbeit bei Slow Food ist der Schutz der biologischen Vielfalt. Wir glauben, dass eine kohärente Strategie zum Erhalt der biologischen Vielfalt auch die Landwirtschaft einbeziehen sollte. Denn sie ist ein Mittel, um die Umwelt positiv zu beeinflussen und ihre Fähigkeit zu erhalten, gute, saubere und faire Lebensmittel zu produzieren. Landwirtschaftliche Biodiversität ist die Voraussetzung für unserer Ernährungssicherheit.”
Slow Food Europa ist auch der Meinung, dass die EU eine grundlegende Wende unseres Nahrungsmittelsystems veranlassen muss. Das kann nur durch eine ganzheitliche Gemeinsame Lebensmittelpolitik erreicht werden, die Aspekte wie Gesundheit, Handel, Landwirtschaft, Kultur, Biodiversität, Klimawandel, Tierschutz und viele andere Themen einbezieht, die in Zusammenhang mit Lebensmitteln stehen. Slow Food Europa hat kürzlich gemeinsam mit anderen Organisation einen offenen Brief verfasst, der die Forderung nach einem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission ausspricht, der für den Wandel zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem verantwortlich ist. Slow Food Europa fordert Frau von der Leyen auf, diese Forderung zu unterstützen, um das demokratische Defizit im Lebensmittelsystem zu beheben und die Machtasymmetrie wieder auszugleichen.
Das Manifest von Slow Food Europa zu den Europawahlen 2019
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