Der Klimawandel ist konkret, also müssen wir konkret darauf reagieren

24 Aug. 2018

Mehr als 400 Tote und über 725.000 Obdachlose im indischen Kerala. Das ist nach heutigem Stand die Bilanz der Überschwemmung in Indien, die als eine der schlimmsten des Jahrhunderts in die Geschichte eingehen wird. Die extremen Wetterereignisse nehmen auf der ganzen Welt zu und alles deutet darauf hin, dass sich die Anzahl und Intensität der Klimaschwankungen und –katastrophen noch verschlimmern wird. Was können wir tun? Und warum geht uns das alle an?

Bei Terra Madre Salone del Gusto beschäftigen wir uns in einer Konferenz mit dem Thema „Klimawandel: Umgang mit einer der größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte.” Die Konferenz findet am Sonntag, den 23. September um 11 Uhr in der Sala Gialla statt, Protagonisten werden der Schriftsteller Amitav Ghosh und die Umweltaktivistin Sunita Narain sein.

«Der Klimawandel wird auf der ganzen Welt immer akuter. Im Juni und Juli 2018 brachen in ganz Kalifornien etwa 140 heftige Brände aus; in Griechenland kamen bei ähnlichen Bränden 80 Menschen um; Europa litt unter einer Hitzewelle; jahreszeitunabhängige Sandstürme haben in Indien mehr als 500 Menschen getötet; sintflutartige Regenfälle in Japan und andere Fälle von extremen Niederschlägen haben in großen Teilen der Welt die Ernten verwüstet und die Behausungen der Menschen zerstört. All diese Wetterphänomene gehen weit über die normalen Wetterschwankungen hinaus, die auch als Stationarität bezeichnet werden, da sie den Mustern der Vergangenheit entsprechen. Wir befinden uns jetzt in einer Epoche, in der alles neu und ungewiss ist. Die einzige Gewissheit besteht darin, dass sich die Klimaextreme in ihrer Intensität und Härte weiter verschärfen werden.

Der Zusammenhang zwischen Wetter und Klimawandel kann auch durch die Wissenschaft der „Climate Attribution“, der Klima-Indizienforschung sichtbar gemacht werden. Das Netzwerk World Weather Attribution schätzt, dass der Klimawandel „die Wahrscheinlichkeit einer Hitzewelle in Europa“ mehr als verdoppelt habe. In Kapstadt hingegen habe er die Wahrscheinlichkeit einer Dürre verdreifacht. In der Tat entging die südafrikanische Stadt nur haarscharf dem Tag Null mit einer Erschöpfung der Wasservorräte.

Es stellt sich die Frage: Was passiert jetzt? In einem Monat gibt der zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen seinen Bericht heraus, der die Auswirkungen des Klimawandels untersucht, wenn die Welt einen Temperaturanstieg von  +1,5°C erreicht. Der Bericht wird meiner Meinung nach das Offensichtliche zeigen. Wenn die Klimakatastrophen, die bei einem Anstieg von +1°C auftreten, noch zunehmen – was ungefähr dem Temperaturanstieg vom vorindustriellen Zeitalter bis heute entspricht – kann sich die Lage ja nur verschlimmern. So viel ist bekannt.

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Sommer 2017 in Europa

Was tun wir jetzt? Darauf sollten wir uns konzentrieren. Denn wir sind nach wie vor dabei, die Emissionen zu erhöhen und alle Temperaturbarrieren zu zerstören.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Indien und China entwickeln aufgrund der katastrophalen Luftverschmutzung ein Bewusstsein für die schädlichen Emissionen, die die Verbrennung von Kohle freisetzt. In Indien müssen wir alte umweltschädigende Wärmekraftwerke unbedingt schließen. Diesen Winter wird Delhi sein einziges Kohlekraftwerk  stilllegen. Petrolkoks, ein Abfallprodukt von Erdöl, das extrem gesundheitsschädigende und umweltverschmutzende Substanzen enthält, wurde bereits verboten, einschließlich der Importe aus den USA. Wir müssen dringend auf umweltfreundlichere Brennstoffe wie erneuerbare Energien oder Erdgas umstellen. Das ist von grundlegender Bedeutung und wir werden Druck machen, damit das auch passiert – nicht wegen des Klimawandels, sondern um die Luftverschmutzung zu verringern.

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Dürre in Kapstadt

Aber wir sind noch nicht beim Knackpunkt angelangt. Die Welt hat ihr Kohlenstoffbudget komplett überschritten, um das Wachstum der reichen Industrieländer zu fördern, und jetzt befinden wir uns in einer Sackgasse, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint. Das ist aus dem Gesichtspunkt der Klimagerechtigkeit nicht akzeptabel. Auch die armen Länder müssen ein Recht auf Entwicklung haben, sowie das Recht auf saubere Energie.

Das Problem ist auch, dass die Welt noch weit davon entfernt ist, sich aus ihrer Abhängigkeit von den fossilen Brennstoffen zu lösen. Eine Ausnahme ist Deutschland, wo die Verwendung von erneuerbaren Energien erheblich gesteigert wurde. Im letzten Jahr nahm die Nachfrage nach Kohle weltweit zu; ebenso die Investitionen in Erdöl und Gas; alle Lösungen zur Eindämmung des Klimawandels kämpfen ums Überleben. Das funktioniert so nicht.

Ich glaube, dass mein Heimatland Indien die Initiative ergreifen muss, um unsere Verletzlichkeit hervorzuheben; der Klimawandel hat auf globaler Ebene wirtschaftliche und menschliche Kosten. Wir müssen die Welt zu umfassendem und raschem Handeln aufrufen. Und während wir Druck ausüben, damit die Welt den Klimawandel endlich ernst nimmt, müssen wir unseren Plan vorlegen, um die Emissionen und die Luftverschmutzung auf örtlicher Ebene zu reduzieren, was zusätzlichen Nutzen für die Eindämmung des Klimawandels hat. Wir müssen mit etwas aufwarten. Wir müssen sowohl in unseren Worten als auch Handlungen entschlossen vorgehen. Zögern und Zaudern funktioniert in dieser vom Klimawandel bedrohten Welt nicht mehr.»

von Sunita Narain, Zentrum für Umwelt und Wissenschaft, New Delhi

Auch bei weiteren Veranstaltungen und thematischen Angeboten der Bereiche #foodforchange von Terra Madre Salone del Gusto steht der Klimawandel im Zentrum. Merken Sie sich vor:

Forum: Food for Change: Den Klimawandel stoppen, 20. September, 15:30 Uhr, Lingotto Fiere – Sala Rossa.

Konferenz: Rezepte für einen Wandel: Was Köche für Nachhaltigkeit tun können, 21. September, 18 Uhr, Nuvola Lavazza.

Um mehr über die anderen Konferenzen zu erfahren, klicken Sie hier.

 

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