Blumen pflanzen, um die Welt zu retten – mit Dave Goulson

20 Aug 2020

„Wo es Bienen gibt, da sind auch Blumen. Und wo Blumen sind, da gibt es neues Leben und Hoffnung”, so Christy Lefteri in ihrem 2019 veröffentlichten Roman Das Versprechen des Bienenhüters, in dem ein syrischer Bürgerkriegsflüchtling eine Bienenkönigin mit auf seine Reise nach Europa nimmt.

Es ist ein Gefühl, das sich in seinem Spiegelbild widerspiegelt: die unzähligen Warnungen von Wissenschaftlern vor der drohenden Katastrophe, die das Aussterben der Bestäuber darstellt. Denn eine Welt ohne Bienen wäre eine Welt ohne Hoffnung. Aber so weit ist es noch nicht. Aus Sicht von Dave Goulson, Biologieprofessor an der University of Sussex, können wir alle dazu beitragen, die Welt mit einer ganz einfachen aber wunderbaren Geste zu retten: indem wir Blumen für unsere nektarliebenden Freunde anpflanzen.

Hier veröffentlichen wir nur einen kurzen Ausschnitt seines Food Talk bei Terra Madre Salone del Gusto — der gesamte Beitrag sowie alle anderen aus der Reihe steht ab dem 9. Oktober zur Verfügung. Wir sprachen mit Dave darüber, was getan werden muss, aus welchen Gründen und wo wir ansetzen können.


WIR ALLE WISSEN, DASS INSEKTEN NUTZPFLANZEN BESTÄUBEN. DOCH WELCHEN BEITRAG LEISTEN SIE NOCH ZU UNSEREM ERNÄHRUNGSSYSTEM?

„Insekten dienen einer Vielzahl von Organismen als Nahrung, in vielen Ländern sind sie auch für den Menschen eine wichtige Nahrungsquelle. Im Gegenzug sind Insekten wie Marienkäfer, Florfliegen und Schwebfliegen wichtige Jäger von Ernteschädlingen.”

„Insekten sind auch wichtige Verwerter von Dung, toten Bäumen, toten Lebewesen und fast jedem organischen Material und als solche ein wichtiger Teil organischer Systeme, die auf Recycling oder organische Stoffe angewiesen sind. Sie tragen auch dazu bei, den Boden gesund und durchlüftet zu erhalten. Es gibt fast keine ökologischen Prozesse an Land oder im Süßwasser, an denen keine Insekten beteiligt sind.”

DENNOCH WERDEN WIR UNSERER VERPFLICHTUNG GEGENÜBER DIESEN TIEREN NICHT GERECHT. WIE SCHLIMM IST DIE LAGE?

„2017 erregte eine Studie aus Deutschland Aufsehen, die über einen Zeitraum von 26 Jahren einen Rückgang der Biomasse von Fluginsekten um 76% zu zeigen schien. Und es war nicht die einzige Studie.”

Ein weiteres Beispiel, das symbolisch für unsere Loslösung von der Natur und unsere Fähigkeit ist, Veränderungen an den Ökosystemen nur insoweit zu beobachten, als sie sich (buchstäblich) auf unsere mechanisierte Welt auswirken, ist das Phänomen der Windschutzscheiben, das besagt, dass die Menschen heutzutage weniger häufig tote Käfer von den Windschutzscheiben ihrer Autos entfernen. Das mag trivial klingen, aber eine Studie aus Dänemark ergab über den Zeitraum von 20 Jahren einen besorgniserregenden Rückgang des Insektenbestands von 80%. Da Insekten so eine grundlegende Rolle für fast alle Ökosysteme spielen, wird dieser Rückgang desaströse Folgen haben, wenn wir nicht entschieden handeln. „Die gute Nachricht ist” – wie Dave Goulson sagt–, dass dies glücklicherweise „ziemlich einfach ist, wir könnten also das Ruder noch herumreißen.”

WO SETZEN WIR AN?

Ausgangspunkt ist der Garten. „Wenn ihr irgendeine Art von Garten habt, könnt ihr ihn insektenfreundlich machen. Ihr könnt Blumen anpflanzen, um Insekten anzuziehen. Ihr könnt ihnen einen ruhigen Ort zum Nisten bieten, usw. Ich habe ein ganzes Buch darüber geschrieben, wie man das eigene Zuhause insektenfreundlich machen kann. Der Titel lautet Wildlife Gardening: Die Kunst, im eigenen Garten die Welt zu retten.”

Es gibt darin ein ganzes Kapitel namens „Im eigenen Garten die Welt retten”, das zu diesem Thema ins Detail geht und einfache Ratschläge gibt:

Man kann einen wunderschönen und gleichzeitig produktiven Garten haben, in dem es vor Leben nur so wimmelt, ohne dass man viel kaufen muss. Die besten Quellen für Pflanzen sind Nachbarn, Familie und Freunde. Der beste Weg, um herauszufinden, welche Pflanzen in Ihrem Garten gut gedeihen, ist ein Blick in die nahe gelegenen Gärten. Die meisten Pflanzen lassen sich sehr leicht vermehren, und begeisterte Gärtner tauschen oder spenden normalerweise gerne Pflanzenkeimlinge oder -samen. Kunstdünger oder Pestizide sind komplett überflüssig… Abgesehen von einigen grundlegenden Gartengeräten brauchen Sie nichts zu kaufen. Gartenarbeit kann wirklich grün sein, und sie könnte ein Schlüssel zur Rettung unseres Planeten sein.1

DER LERNPROZESS GEHT IMMER WEITER. WAS SIND IHRE NÄCHSTEN PROJEKTE?

„Ich denke, ich werde eine lange Zeit damit beschäftigt sein, die Menschen für die Wichtigkeit von Bienen und anderen Insekten zu sensibilisieren. Ich möchte noch weitere Bücher schreiben, einschließlich „Silent Earth”, das in Kürze erscheint. Ich forsche weiter zum Thema Bienenökologie und den Auswirkungen von Pestiziden. Es gibt nach wie vor vieles, das wir nicht verstehen.”

Lassen Sie sich die Food Talks von Terra Madre Salone del Gusto nicht entgehen und lernen Sie noch mehr über alle Ebenen des Nahrungsmittelsystems und die zu Grunde liegenden Ökosysteme.

von Jack Coulton, [email protected]

Dave Goulson ist einer der Protagonisten der Food Talks, einem neuen und frei zugänglichen Format von Terra Madre Salone del Gusto. Jeder Gast hat zehn Minuten Zeit, seine Gedanken zu unserer Welt und zur Zukunft, die wir uns wünschen, darzulegen. Die vollständige Folge des Food Talk mit Dave Goulson ist – wie auch die anderen Episoden der Reihe – ab dem 9. Oktober verfügbar.

1Aus Wildlife Gardening: Die Kunst, im eigenen Garten die Welt zu retten von Dave Goulson (Ullstein, 2020)

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