Ägypten: Tradition Spricht im Plural

08 Mrz 2016

egypt-slowfood-300x195

 

 

 

 

 

Aurelia Weintz

Die ägyptische Ernährungskultur ist reich, wird aber international generell unterschätzt. Man kann sogar von verschiedenen Kulturen sprechen, die für einzelne Regionen charakteristisch sind und im Laufe der Zeit einen wahren Cocktail an traditionellen Rezepten hervorgebracht haben: die Beduinenstämme auf der Sinai-Halbinsel sind mit zahlreichen autochthonen Kräutern vertreten, die der westlichen Oasen mit dem Reisanbau, während die Berber aus Siwa für ihren Dattel- und Olivenanbau bekannt sind. Alles in allem hat Ägypten eine außerordentliche Vielfalt an kulinarischen „Blüten“.

Von den Oasen zum Nildelta

Auch die Kaffeekultur fehlt nicht: Bei den Abābdah und Bishārīn Stämmen trinkt man ihn mit Gewürzen aromatisiert, während die gastronomische Kultur am Nil oder vor allem in den städtischen Gebieten, die sich am Delta entwickelt haben, deutlich mediterran geprägt ist. In Oberägypten hat die ländliche Kultur viele gastronomische Schätze hervorgebracht: das getrocknete Gemüse aus Nubien, den Hibiskustee Karkadeh oder das berühmte Muskraut Molokheya aus der Familie der Malvengewächse, das sehr beliebt und gesund ist und mit dem das gleichnamige Rezept zubereitet wird. Port Said spricht bis heute die Sprache der Fischprodukte und Fischrezepte, obwohl die Verschmutzung des Ökosystems zu einem Rückgang der Produktion und zu gesundheitlichen Gefahren für die Verbraucher geführt hat. Und die Brote? Sie bezeugen eine noch ganz andere Vielfalt: vom Libba der Beduinen im Sinai über Jubrit der Abābdah bis zum Shamsi der Nubiervölker.

In einem so vielseitigen Panorama ist es eine schwierige, aber gleichzeitig spannende Aufgabe, die typischen lokalen Produkte zu kartieren. Slow Food arbeitet dabei mit lokalen Vereinen und Unternehmen zusammen, wie ma7sool productions, die kurze Videos oder Dokumentarfilme zur Unterstützung beitragen, oder mit Forschern und Wissenschaftlern, die mit ihrer Erfahrung an der Analyse der Ergebnisse mitarbeiten. Dies alles dient letztendlich der Förderung der lokalen gastronomischen Kultur, die alle Voraussetzungen bietet, um auch international anerkannt zu werden.

Die Hoffnung ist also, dass dank dieser Bestandsaufnahme das ägyptische Volk sich eines Tages wieder seines gastronomischen Erbes bewusst wird. Dazu gehört auch der Reis der westlichen Oasen, aus dem traditionell Sekouti zubereitet wird (der Reis wird mit dem Saft von gerösteten Zwiebeln mariniert, was ihm eine einheitlich braune Farbe verleiht), Honig und einheimische Kräuter aus dem Sinai, Karkadeh und Senföl… Die Katalogisierung der biologischen Vielfalt und lokaltypischen Produktionen ist insgesamt ein erster, wichtiger Schritt, um den lokalen Lebensmitteln ihren verdienten Platz zurückzuerobern – nicht nur auf unseren Tischen, sondern auf einer viel wichtigeren Ebene, in unserem Bewusstsein nämlich.

Mit Lebensmitteln die Welt verändern

Erfahren Sie mit unserem RegenerAction-Toolkit, wie Sie Ökosysteme, Communities und Ihre eigene Gesundheit verbessern können.

Bitte aktiviere JavaScript in deinem Browser, um dieses Formular fertigzustellen.
Name
Privacy Policy
Newsletter