Das Rindfleisch: Nachhaltigkeit und Emissionen

13 Okt 2017

Die Umweltbelastung durch die Rinderzucht ist längst immer mehr anerkannte Tatsache: Sie gehören durch ihre Verdauungsgase zu den Haupterzeugern von Methanemissionen, einem starken Treibhausgas, das klimatische Veränderungen hervorruft.

Genau deshalb entscheiden sich immer mehr Menschen für vegetarische Ernährung und bevorzugen Geflügel gegenüber rotem Fleisch, da die Rinderzucht als „unnachhaltig“ gilt. Aber ist das wirklich so? Ist Rindfleisch als schädlicher Faktor für die Umweltbelastung überall gleich? Ist Fleisch aus Intensivzuchten, wo den Tieren proteinreiches Futter verabreicht wird, eine stärkere Belastung als aus Weidehaltung, wo die Tiere eine geringere Wachstumsrate aufweisen und scheinbar mehr Fläche brauchen?

Die wissenschaftliche Gemeinschaft vertritt zu diesem Thema seit langer Zeit geteilte Ansichten. Zahlreiche Berichte beweisen, dass die Weidehaltung positive Auswirkungen auf Umweltebene hat, wie die CO2-Sequestrierung aus der Atmosphäre, und ebenso viele Studien sagen das Gegenteil, dass nämlich die Rinderernährung auf der Basis von Getreide und proteinreichem Futter effizienter und weniger belastend sei.

Zu diesem Thema ist gerade in diesen Tagen der neue Bericht Grazed and Confused vom FCRN (Food Climate Research Network), dem Forschungszentrum der Oxford University, veröffentlicht worden, aus dem klar hervorgeht, dass Fleisch von Tieren mit Weidehaltung nicht weniger umweltbelastend sei.

Einer der Autoren des Berichts, Pete Smith, erklärt: „Die Umstellung auf einen Fleisch- und Käseverbrauch aus mit Gras ernährten Rindern löst das Klimaproblem nicht – nur ein geringerer Verbrauch der Produkte tierischer Herkunft kann das erreichen.“

Auch im Bewusstsein der Tatsache, dass Fleisch, und gerade Rindfleisch, eins der Lebensmittel mit der größten Umweltbelastung ist (man schätzt, dass die Rinderzucht für 14,5% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist), sind wir der Ansicht, dass es nicht signifikant genug und sogar irreführend ist, ausschließlich den Indikator der Emissionen zum Vergleich von zwei so verschiedenen Zuchtformen wie Weidehaltung und Intensivzucht heranzuziehen.

Die Weidehaltung hat nicht nur eine bedeutende soziale, kulturelle, ethische und ökologische Valenz, sondern leistet auch eine Reihe von Diensten an der Umwelt, die langfristig sehr wichtig sind: Die Hufe der Tiere bewegen den Boden, der so das Regenwasser besser aufnehmen kann (und die Gefahr von Erdrutschen verringert); durch das Weiden wird der Grasbewuchs kontrolliert und die Rückbildung der Weiden in den wilden Zustand verhindert (was die Gefahr schwerer Brände verringert); die Exkremente düngen den Boden direkt und gewährleisten einen neuen reichlichen Graswuchs.

Vom verhaltensbiologischen Standpunkt haben zudem Weiderinder die Möglichkeit, die Gräsersorten zu wählen, die sie zu dem Zeitpunkt bevorzugen und die für ihr Wohlbefinden am besten geeignet sind. Demzufolge sind Fleisch und Milch der mit natürlichem Weidegras ernährten Tiere besser, und die Weidetiere selbst haben eine bessere Lebensqualität.

Eine stärkere Nutzung der Weidehaltung setzt allerdings einen Paradigmen- und Systemwechsel voraus, der zu einem komplexen, radikalen Wandel in der Beziehung zwischen Mensch, Tier und Boden führt.

Weidehaltung der Tiere bedeutet: weniger Tiere, geringerer Fleischverbrauch, größeres Tierwohl, Pflege des Bodens. Und damit bedeutet es letztendlich auch, die Spezialisierung zu überwinden und die Agrarbetriebe zu diversifizieren, so dass sie immer mehr zu Betrieben mit geschlossenem Kreislauf werden (dies wirkt sich in verschiedener Hinsicht positiv auf die Umwelt aus, z.B. durch Wiederverwertung von Ausschuss und Nutzung der Exkremente).

Aus diesem Grunde brauchen wir eine Analyse, die auf neuen Indikatoren und einem holistischen Ansatz basiert und die verschiedene Faktoren berücksichtigen wie Nährwert der Lebensmittel, langfristige Auswirkungen, das Tierwohl usw.

Solange das einzige Urteilskriterium, um die Nachhaltigkeit eines Produkts zu beurteilen, die Emissionen sind, haben wir nicht das umfassende erforderliche Gesamtbild, um informierte Einkaufsentscheidungen zu treffen.

Slow Food hofft, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft in diese Richtung forscht und den Preis und die Vorteile der beiden Haltungs- und Produktionssysteme erarbeitet, die so verschieden und entfernt voneinander sind.

Wir wiederholen, dass die Art der Zucht entscheidend sein kann (man denke an die verheerenden Auswirkungen der Feedlots und der Mega-Intensivzuchten), aber die Entscheidung für hochwertiges Fleisch muss in jedem Fall zu allererst von einer massiven Reduzierung des Verbrauchs von Tierprodukten zugunsten einer Ernährung auf pflanzlicher Basis begleitet sein.

 

 

 

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