Unser unschätzbares Erbe an Biodiversität im Landwirtschafts- und Lebensmittelbereich zu erhalten, tut nicht nur der Umwelt und den Ökosystemen gut, sondern auch uns selbst und unserer Gesundheit.
Die Biodiversität im Lebensmittelbereich, verstanden als biologische Vielfalt der Pflanzen, Tiere und anderen Organismen, aus denen sich unsere Ernährung zusammensetzt, trägt in vielerlei Hinsicht zu einer gesunden und vielfältigen Ernährung bei.
Schauen wir uns genauer an, wie.
Die Nährstoffe
Studien über die Zusammensetzung von Nahrungsmitteln zeigen, dass der Nährstoffgehalt (Makro- und Mikronährstoffe) sowohl von Art zu Art als auch zwischen Sorten derselben Art sehr stark variieren kann. Insbesondere Wildpflanzen sind in der Regeln nährstoffreicher als Kulturpflanzen1.
Bei der Zusammensetzung der Lebensmittel bestehen teils überraschende Unterschiede. Das kann auch erhebliche Auswirkung auf die Ernährung haben und bspw. gefährdeten Bevölkerunggruppen helfen, ihren Nährstoffbedarf zu decken.
Die Vorzüge autochthoner Sorten
In erster Linie sind heimische Arten besser an die Umweltbedingungen des Standorts angepasst und benötigen daher meist weniger externen Input, wie Wasser oder Pflanzenschutzmittel, die weder für unsere Gesundheit noch für die Landwirte von Vorteil sind.
Widrige Umwelteinflüsse wie Hitze, Trockenheit oder Frost bewirken bei den Pflanzen die Bildung von freien Radikalen, die das DNA der Pflanzen beschädigen können. Um sich vor diesen widrigen Einflüssen zu schützen, setzen die Pflanzen Abwehrmechanismen in Gang, dank denen Moleküle produziert werden, die als Antioxidantien wirken.
Lebenselixier Poliphenole
Wenn wir also heimische Pflanzensorten konsumieren, die Abwehrmechanismen gegen widrige Umweltbedingungen oder äußere Einflüsse entwickelt haben, erhöht sich dadurch der Gehalt an schützenden Substanzen in unserer Ernährung, wie Terpenen und wichtigen Molekülen wie Carotinoiden und Vitamin E, phenolischen Verbindungen wie Flavonoiden, Alkaloiden sowie Stickstoff- und Schwefelverbindungen, die hochwirksame Antioxidantien sind.3 So kann ein längerer Verzehr von Polyphenolen dazu beitragen, das Risiko von Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Osteoporose und neurodegenerativen Erkrankungen zu verringern, da Polyphenole den Körper vor den DNA-Schäden schützen, die durch freie Radikale angerichtet werden.4 Dieses Prinzip gilt nicht nur für Pflanzensorten, sondern ebenso für Lebensmittel tierischen Ursprungs: Die Nährwerte der verschiedenen Arten unterscheiden sich teils erheblich. So sind einige heimische Fischsorten ein wichtiger Proteinlieferant und enthalten mehr Vitamine und Mineralien, wie Eisen und Zink, als andere Sorten im Handel.
Insbesondere in den Entwicklungsländern trägt der Verzehr von wilden Lebensmitteln dazu bei, eine vielfältigere und ausgeglichenere Ernährung der Bevölkerung zu gewährleisten und damit die Ernährungssicherheit zu verbessern. Eine mögliche Antwort auf die anhaltenden Nahrungsmittelkrisen und den Verlust der Ernährungssouveränität.
Die Slow Food Presidi: gut, sauber, fair und gesund!
Slow Food wimdet sich mit verschiedenen Projekten dem Schutz der biologischen Vielfalt unserer Lebensmittel, darunter die Arche des Geschmacks und die Presidi. In den letzten Jahren hat Slow Food nicht nur die wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und kulturellen Auswirkungen dieser Projekte gemessen, sondern darüber hinaus versucht, zu quantifizieren, welche Auswirkungen der Konsum von Presidi-Produkten auf die Gesundheit der Verbraucher hat. Dazu wurden eine Reihe von Nährwertanalysen von tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen in Zusammenarbeit mit Universitäten und Speziallabors durchgeführt.
Beim Vergleich zwischen Produkten der Arche des Geschmacks oder der Slow Food Presidi einerseits und handelsüblichen Sorten andererseits wurden erhebliche Unterschiede in Bezug auf den Nährwert deutlich, sowohl bei den Produkten tierischen als auch pflanzlichen Ursprungs.
So weist der spanische Millo Corvo (schwarzer Mais) einen hohen Gehalt an Anthocyanen und Pflanzenpigmenten auf und verfügt über stark antioxidative und entzündungshemmende Wirkung. Auch die apulischen Karotten aus Polignano, eine mehrfarbige traditionelle Karottensorte aus der Gegend von Bari, enthalten weniger Zucker als handelsübliche Sorten. Besonders die lilafarbenen Karotten zeichnen sich durch einen viermal höheren Anteil an Antioxidantien aus als handelsübliche Karotten.
Der Verzehr von 100 g lilafarbenen Karotten aus Polignano entspricht dem Nährwert von 400 g handelsüblichen Karotten.
Das Slow Food Presidio der Alb-Leisa und seine Linsen von der schwäbischen Alb weisen dank einer vorteilhaften Kombination von Boden – und Klimabedingungen sowie lokaler Expertise außergewöhnliche organoleptische und ernährungsphysiologische Eigenschaften auf. Im Vergleich zu internationalen Linsensorten hat diese lokale Sorte 15-20% mehr Proteine und mehr als doppelt so viele Ballaststoffe.
Gleiches lässt sich auch bei den Tierarten beobachten. Ein Beispiel dafür ist das Huhn aus der französischen Gascogne: Die besonderen Eigenschaften dieser traditionellen Hühnerrasse in Kombination mit der Freilandhaltung auf der Weide sorgen für Fleisch einer herausragenden Qualität, das proteinreicher ist als die meisten handeslüblichen Hühnersorten, dabei aber nur ein Drittel des Fettanteils und weniger Cholesterin hat.
Diese Ergebnisse zeigen, dass der Schutz der biologischen Vielfalt und der Konsum von heimischen Pflanzen-und Tierarten nicht nur zum Schutz der Umwelt und zum Erhalt der kulturellen Traditionen einer Region beitragen, sondern sich auch positiv auf die Ernährungssicherheit auswirken und damit die Gesundheit der gesamten Bevölkerung verbessern können.
«Unsere Nahrungsmittel als Schlüssel für unsere Gesundheit. Nur mit biologischer Vielfalt können wir den Planeten ernähren» ist das Positionspapier von Slow Food, das unsere aktuellen globalen Lebensmittelsysteme untersucht und die Ansätze beleuchtet, mit denen sich Slow Food für eine gesunde Ernährung einsetzt.